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Tipp Radtour

Per Pedal zur Poesie ab Allensbach

Schwierigkeit Mittel
Länge 58.9 km Dauer 04:05 h
Aufstieg 161 m Abstieg 120 m
Höchster Punkt 440 m Niedrigster Punkt 394 m

"Per Pedal zur Poesie ab Allensbach" ist eine grenzüberschreitende Rundtour mit Rad und Schiff entlang der vielen Literaturmuseen und -gedenkstätten rund um den Untersee

Eigenschaften Rundtour, Einkehrmöglichkeit, kulturell / historisch
Kondition
Erlebnis
Landschaft
Beste Saison
  • Jan
  • Feb
  • Mär
  • Apr
  • Mai
  • Jun
  • Jul
  • Aug
  • Sep
  • Okt
  • Nov
  • Dez

Die Tagestour macht Halt zahlreichen Handlungsorte von literarischen Texten und Schauplätze der Literaturgeschichte entlang des deutschen und schweizer Ufers. Mit dem Schiff geht es weiter einmal ab Mannenbach (CH) auf die Insel Reichenau (D) und von dort über den Gnadensee wieder zurück nach Allensbach.

Wegbeschreibung

Die Tour startet direkt am MÜHLENWEGMUSEUM Allensbach und führt u.a. durch die Orte

... Allensbach

Nehmen Sie sich Zeit und besuchen Sie das MühlenwegMuseum direkt im Bahnhof und informieren Sie sich über Fritz Mühlenweg (1898 - 1961). Er hat seine Erfahrungen dreier Asienexpeditionen in sein erfolgreiches Jugendbuch ›In geheimer Mission durch die Wüste Gobi‹ (1950) einfließen lassen. Damit, aber auch mit seinem Abenteuerroman ›Fremde auf dem Pfad der Nachdenklichkeit« (1952) und der Übertragung chinesischer Gedichte erbrachte Mühlenweg, der sich 1934 mit seiner Frau, der Malerin Elisabeth Kopriva, in Allensbach niederließ, eine kulturelle Vermittlungsleistung und gab der deutschen Asienwissenschaft, insbesondere der Mongolistik, wichtige Impulse.

... Gaienhofen

Hermann Hesse (1877 – 1962), der in seiner von Lebenskrisen bestimmten Jugendzeit hinreichend Therapieerfahrungen gemacht hatte, kam 1904 unter anderen Vorzeichen an den Untersee: beeinflusst von »einer damals in Deutschland ziemlich lebhaften Regung von Stadtflucht und Landleben mit moralisch-künstlerischer Begründung«. Mit dem Roman ›Peter Camenzind‹ hatte Hesse einen Erfolg erzielt, der ihm eine freie Schriftstellerexistenz ermöglichte. So mietete er – frisch verheiratet mit der lebensreformerischen Ideen zuneigenden Fotografin Maria Bernoulli – ein Bauernhaus in Gaienhofen, »etwas primitiv und auch etwas verwahrlost, aber hübsch und still«, und blieb acht Jahre auf der Höri. In diesem ersten eigenen Haus hatte Hesse »zum ersten Mal das Gefühl von Seßhaftigkeit, und eben darum auch zuweilen das Gefühl der Gefangenschaft, des Verhaftetsein an Grenzen und Ordnungen«. Heute gehört das Haus zum Hermann-Hesse-Höri-Museum, das die Höri als Literatur- und Kunstlandschaft präsentiert und auch jenen Schreibtisch zeigt, den Hesse eigens für dieses Haus bauen ließ und der ihn bei allen späteren Umzügen begleitete. Dank stetiger Einnahmen konnte Hesse nach drei Jahren ein bürgerlichen Ansprüchen genügendes Haus A mit Wasserleitung und Badeofen bauen, das jüngst in privater Initiative rekonstruiert wurde – einschließlich des von Hesse selbst angelegten Gartens. Die Skizze ›Ein Septembermorgen am Bodensee‹ zeigt, dass hier im Erlenloh nicht nur die Harmonie mit der Natur, sondern auch Isolation und Einsamkeit einen Platz hatten. Auch wenn er im Rückblick meinte, dies sei die schönste Zeit seines Lebens gewesen: Die Idee, »an einem Ort eigener Wahl etwas wie Heimat schaffen und erwerben zu können«, war eine Selbsttäuschung. Hesses Ehe offenbarte erste Krisenzeichen, die der hier entstandene Roman ›Gertrud‹ (1910) reflektiert. Als der Schriftsteller 1912 von einer Indienreise zurückkehrte, wusste er: Gaienhofen war für ihn »erschöpft«. Die Familie zog nach Bern und verließ die »weite, lichte, unverdorbene Landschaft« der Höri, die der Maler Otto Dix (1891 – 1969) »zum Kotzen schön« fand. (Dix kam 1936 nach Gaienhofen, nachdem die Nazis seine Kunst als »entartet« auf den Index gesetzt und ihm die Lehrerlaubnis entzogen hatten.) Der Arzt und Schriftsteller Ludwig Finckh (1876 – 1964), der seinen Freund Hesse bereits 1905 am Bodensee besucht hatte und sich hier ebenfalls ansiedelte (Ludwig-Finckh-Weg 5), verklärte später die gemeinsamen Jahre zu einer ›Gaienhofener Idylle‹ (1946). Von Finckhs zunächst nationalkonservativen, nach 1933 offen faschistischen Positionen hat sich der Pazifist Hesse deutlich distanziert.

... Wangen

Jacob Picard (1883 – 1967) indes lebte bereits »seit drei Jahrhunderten in Wangen«. Das schrieb der hier Geborene (Hauptstrasse 60) aus seinem New Yorker Exil, wo er nach eigenem Bekunden beim Anblick des Hudson-Rivers stets an den Untersee denken musste. Picards Heimatort ist eine jener Hegau-Gemeinden, in denen Juden und Christen bis 1933 auskömmlich zusammenwohnten. Seine Erzählungen, die ihn zum Chronisten des südwestdeutschen Landjudentums machten, eröffnen einen ganz anderen Blick auf die Höri und ihre Geschichte. Hermann Hesse meinte über den Novellen-Band ›Der Gezeichnete‹ (1936), er stelle den neuerwachten Sinn der deutschen Juden für ihre Eigenart unter Beweis, eine Eigenart freilich, die sich vom Stetl- und Ghetto-Judentum durch das Zusammenleben mit den Christen und die bäuerliche Heimatverbundenheit unterscheidet. Seine Kindheit und Jugendzeit am Untersee hat Picard, bereits unter dem Eindruck der Bedrohung, in den ›Erinnerungen eigenen Lebens‹ (1938) beschrieben. Picard überlebte den Holocaust. 2007 wurde für ihn, der 1960 in seine Heimat zurückgekehrt war und vier Jahre später den Bodensee-Literaturpreis erhalten hatte, im Alten Wangener Rathaus eine Gedenkstätte eingerichtet.

In Stein am Rhein geht es über die Grenze in die Schweiz

... BERLINGEN

ADOLF DIETRICH (1877–1957) hat den Untersee nur ungern verlassen. Schon die Eisenbahnfahrt zu seinem Bruder nach Ludwigshafen war ihm ein Gräuel. Dabei reisten seine Bilder schließlich bis nach New York und machten ihn neben Dix zum bekanntesten Maler der Region. Dass er auch Gedichte schrieb, ist wenig bekannt. BEAT BRECHBÜHL (*1939), den als Jugendlicher ein Nachruf auf Dietrich nachhaltig beeindruckt hatte, brach Ende der 1990er Jahre zu einer fiktiven ›Fußreise mit Adolf Dietrich‹ über den Thurgauer Seerücken auf, die er 1999 als einfühlsame Hommage an den Maler und Poeten veröffentlichte.

STECKBORN

Adolf Dietrich bildete eine Ausnahme unter den Künstlern am Untersee. Wer hier geboren wurde, den trieb es in die Welt: ob Paul Ilg als Verdingbub oder OTTO FREI (1924–1990) (MORGENSTRASSE 14) als bildungshungrigen Schüler. Frei debütierte 1973 mit seinen Kindheitserinnerungen ›Jugend am Ufer‹, als 1. Teil des Steckborner Zyklus. In einem lapidaren Stil erzählt er von der national sozialistischen Bedrohung, wirft aber vor allem einen kritischen Blick auf den Alltag am Untersee. Wo es Frei zu eng war, sah die 1927 nach Steckborn zugezogene MARIA DUTLI-RUTISHAUSER (1903–1995) (SEESTRASSE 45) ihre Heimat und stellte daher in den 30er Jahren ihr literarisches Werk in den Dienst der »geistigen Landesverteidigung«, was ihrem Schweizer Heimatroman ›Der Hüter des Vaterlandes‹ hohe Auflagen bescherte.

Hermann Hesse, der die Grenze durch den Untersee »niemals als natürliche« empfand, ruderte nicht selten von Gaienhofen (Literarischer Radweg 04) aus nach Steckborn zum Einkaufen. Den Zolltarif kannte er auswendig, zog aber »wo möglich das Schmuggeln vor«.

In Mannenbach geht es mit dem Schiff oder der Solarfähre auf die Insel Reichenau. Durch Gemüsefelder quer über die Insel zum Yachthafen. Dort können Sie mit Schifffahrt Bauman in See stechen und erreichen nach einem literarischen Tag wieder Allensbach.

Sicherheitshinweis

Natürlich immer mit Helm!

Buchempfehlungen des Autors

Borschüren: Literaturland Baden-Württemberg, PER PEDAL ZUR POESIE 03 und 04

Startpunkt Mühlenwegmuseum Allensbach
Öffentliche Verkehrsmittel

Bahnstation in Allensbach vorhanden

Parken

Kostenfreier DB-Parkplatz nähe Bahnstation

Downloads

Weitere Informationen

Bitte beachten Sie die Saisson der Schiffsbetriebe (April bis September)

Quelle

Westlicher Bodensee